Lernen durch Simulationen: Erfolgreicher Testlauf für die Ausbildung von Notfallsanitätern
Wie können Notfallsanitäter lernen, was sie wissen müssen? Nicht für alle Konstellationen bieten sich gute Trainingsgelegenheiten in der Praxis. Und es fehlt schlicht auch an Ausbildungsplätzen in Kliniken, speziell in der Geburtshilfe und der Anästhesie klemmt’s. Deswegen erprobt die DRK-Landesschule Baden-Württemberg an ihrem Standort Villingen-Schwenningen neue Wege: Ein medizinisches Simulationszentrum soll dort entstehen. Dafür kooperiert die Landesschule mit dem benachbarten Schwarzwald-Baar-Klinikum und der Hochschule Furtwangen.
DRK und Hochschule haben Mitte Juni einen Testlauf für die notfallmedizinische Ausbildung an Simulatoren gemacht. 23 Schülerinnen und Schüler aus dem ersten Ausbildungsjahr nahmen teil. Sie besuchten dafür das „Zentrum für angewandte Simulation“ der Hochschule Furtwangen am Campus Villingen-Schwenningen. Das Training wurde wissenschaftlich begleitet von der Fakultät „Medical und Life Sciences“.
Zwei Tage, zwei Themen: Am ersten Tag sollten die Lernenden einen Patienten mit Herz-Kreislauf-Störungen versorgen. Am zweiten Tag ging es um Situationen rund um die Einleitung in den OP sowie um Fragen aus dem Fachbereich der Anästhesie. Zum Einstieg gab es jeweils einen kurzen Theorie-Block, nach der Übungseinheit dann gemeinsame Analyse und Diskussion. Nützlich hierfür war eine Audio-Video-Anlage der Landesschule, die das Geschehen live übertragen und parallel aufgezeichnet hat.
So konnte die Gruppe aus dem Nachbarraum zuschauen, sie hatte dabei Beobachtungsaufgaben übernommen: Anamnese-Erhebung Teamarbeit und Kommunikation wurden gespannt verfolgt, Handlungsempfehlungen notiert. Bei den anschließenden Gesprächen wurden auch die Aufzeichnungen eingesetzt: Mit ihrer Hilfe lassen sich im Nachgang die Details von Schlüsselszenen nochmal nachvollziehen. Für diejenigen, die trainiert hatten, waren die Aufnahmen zudem ein guter Impuls, um ihre eigenen Handlungen zu reflektieren.
Der Patient mit Herz-Kreislauf-Störung in der Übung war eine so genannte High-fidelity Puppe. Daran kann man vieles von dem trainieren, was die Handlungsempfehlungen für Notfallsanitäter Baden-Württemberg vorsehen. Die Schülerinnen und Schüler haben echte Medikamente in den IV-Zugang gespritzt. Die Puppe reagiert auch, beispielsweise indem sich Atmung, Puls oder Blutdruck ändern. Insgesamt vier verschiedene Szenarien, für die die Puppe zuvor programmiert worden war, arbeiteten die angehenden Notfallsanitäter durch.
Am zweiten Tag trainierten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen – es ging dabei um Arbeitsschritte der OP-Einleitung und der Anästhesie. In einem besonderen Labor, „Skills Lab“, bearbeiteten sie Aufgaben aus dem Bereich der heilkundlich-invasiven Maßnahmen: die OP-Einschleusung und zentrale Hygiene-Themen des OP, Narkoseeinleitung und Anästhesie, Airway-Management und endotracheale Intubation mit Videolaryngoskop, Beatmung und Endoskopie. Vier Gruppen absolvierten insgesamt vier Stationen, um dort an Puppen und Modellen zu lernen und zu üben. Dabei wurden sie von erfahrenen Trainern angeleitet.
Die zwei Tage im Juni waren ein gelungener Testlauf für das, was in Villingen-Schwenningen in den nächsten Jahren entstehen soll: ein medizinisches Simulationszentrum mit sehr realitätsnahen Räumlichkeiten, beispielsweise einem Übungs-Rettungswagen, OP-Bereich, Intensivbereich und Bedingungen wie in einem Kreissaal. Auch junge Menschen in pflegerischen Ausbildungen, Famulanten und junge Ärzte werden in dem Simulationszentrum lernen können.
Das Zentrum soll der DRK-Landesschule künftig bei der Ausbildung der Notfallsanitäter helfen. Denn immer öfter gibt es Probleme, Ausbildungsplätze am Lernort Krankenhaus zu finden. Speziell für Anästhesie und Geburtshilfe wäre das Arbeiten mit Simulationen eine gute Ergänzung. In der Geburtshilfe wird das sehr deutlich: In der Versorgung von Müttern während und nach der Geburt gibt es viele sehr intime Situationen, in denen die Mütter eher selten Praktikanten und Auszubildende dabeihaben möchten.
Aktuell erlaubt das Notfallsanitäter-Gesetz solche simulationsgestützten Trainings nur in den Bereichen Pädiatrie und Geburtshilfe. Das DRK macht sich politisch für eine Gesetzesänderung stark, um auch die Anästhesie mit aufnehmen zu können. Einen kleinen Teilerfolg gibt es auch schon: Ein Antrag hierzu wurde in die Gesundheitsministerkonferenz eingebracht. Wer den Antrag nachlesen will: https://www.gmkonline.de/Beschluesse.html?id=876&jahr=
Der Simulations-Testlauf vom Juni soll politische Entscheider davon überzeugen, dass die DRK Landesschule weitere Pilotprojekte durchführen darf. Zugleich liefert er auch wissenschaftliche Daten, mit denen solche Trainings künftig noch zielorientierter gestaltet werden können – die Schüler trugen hierfür viele Feedbacks, Fragebögen und andere Auswertungen bei.
Aus den Reihen der angehenden Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern gab es hinterher sehr positives Feedback. Das Arbeiten im „geschützten Raum“ und die Gabe von echten Medikamenten wurde als wichtige neue Erfahrung verbucht. Die beiden Tage im Simulationszentrum haben allen großen Spaß gemacht und immense Lerneffekte geboten.