Die Zukunft der Leitstellen
Zwei Tage lang drehte sich alles darum, welche Herausforderungen unsere Leitstellen in Zukunft bewältigen müssen: Am 28. und 29. November trafen sich 64 Praktiker und Experten aus 35 Leitstellen in Baden-Württemberg in der DRK-Landesschule Pfalzgrafenweiler. Die Vorträge und Workshops bei der Leitstellen-Tagung 2018 bündelten sehr vieles von dem, was den Alltag prägt: darunter Telefon-Reanimation und Mitarbeiter-Motivation, das Arbeiten mit dem Medical Priority Dispatch System, ein Praxisbeispiel zum Arbeiten mit Defibrillatoren oder auch Fragen zur Ausbildung vom Leitstellendisponenten.
Themen gab es bei der mittlerweile vierten Leitstellen-Tagung mehr als genug – befindet sich derzeit doch alles im Wandel. Sowohl die Digitalisierung als auch die aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen zwingen dazu, neue Lösungen zu finden. Zugleich herrscht auch im Rettungswesen und in Leitstellen der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr ein immer deutlicherer Fachkräftemangel.
Eingeladen waren Leitstellenleiter und deren Stellvertreter sowie Ausbildungsbeauftragte, Praxisanleiter und Systemadministratoren der Leitstellen. 64 von ihnen aus dem ganzen Land reisten nach Pfalzgrafenweiler, um sich gemeinsam über die Zukunft Gedanken zu machen. Die Tagung in der Landesschule war mit ihren ideenreichen Gesprächen auch eine gute Plattform für den fachlichen Austausch.
Am Vormittag des ersten Tages ging es gleich mitten ins Thema: Welche Möglichkeiten gibt es zu Personalmotivation und Personalentwicklung? Wie gestaltet man das sechswöchige Leistellenpraktikums innerhalb der Anlage-3-Ausbildung am besten? Und was würde man eigentlich tun, wenn man eine zweite Chance hätte und nochmal vor diesen EINEN Anruf zurückgehen könnte? Bei diesem Thema ging es um Telefonreanimation, um Verantwortung und ums Überleben der Patienten.
Einen Gastvortrag hielt Ulrich Schreiner, der bei der Björn Steiger Stiftung als Geschäftsführer der Luftrettung arbeitet. Sein Vortrag „Die Zukunft des Rettungsdienstes“ hob hervor, dass die Leitstelle immer wichtiger wird als Gatekeeper im Gesundheitswesen. Es ging auch um das Gutachten „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ des Sachverständigenrats. Schreiner forderte die Tagungsbesucher auf, sich schon heute an dieser Zukunfts-Diskussion zu beteiligen, um die Leitstellen der Zukunft und somit auch ihre zukünftige Arbeit mitzugestalten.
Was muss sich in Baden-Württemberg ändern, um auch zukünftig Notrufe und Hilfeersuchen adäquat zu bearbeiten? Diese Frage stand am Anfang eines Dialogs zwischen Heinz Novosad von der International Academies of Emergency Dispatch Council of Standards Readers Group und Bernd Moser von der DRK-Landesschule. Beide veranschaulichten, dass die standardisierte Notrufabfrage (Ergebnis einer Arbeitsgruppe des DRK-Landesverbandes im Jahr 2015) seit bereits zwei Jahren fester Bestandteil der Anlage-3-Ausbildung in Baden-Württemberg ist. Die 134 in diesem Zeitraum ausgebildeten Disponenten sehen sie durchweg positiv.
Zwischen und nach den Veranstaltungen gab es Infos zum Medical Priority Dispatch System (MPDS). An einem Stand und in der Lehrleitstelle traf man zwei eigens aus Tirol angereiste Vertreter von der PDC European Office. Sie stellten ein Tool vor, das auch im Unterricht der DRK-Landesschule genutzt wird. Gemütlich und kulinarisch war der bayrische Abend geplant worden. Die Gäste nutzten ihn zum Informationsaustausch zwischen den Leitstellen.
Tag zwei setzte ein Schlaglicht bei den technischen Lösungen. Klaus-Peter Höhnsch von der Deutsche Telekom Healthcare and Security Solutions stellte Einsatzmanagementsysteme und eine moderne Leitstellenarchitektur vor und präsentierte zahlreiche technische Visionen.
„Wie kommt schnellstmöglich ein AED zum Notfallort?“ Diese Frage beantwortete Thomas Brucklacher von der integrierten Leitstelle Rems-Murr mit Beispielen aus seiner Region. Er stellte die softwaregestützte Anleitung zur Telefonreanimation vor und zeigte, dass im Kreis Rems-Murr die Leitstelle alle AED-Standorte kennt und auch Zugriff auf die AED hat. So kann der Defibrillator schnellstmöglich zum Einsatz kommen. Situationen, in denen ein Laie wenige Meter vor einer Bank eine telefongestützte Reanimation durchführt, während im Eingangsbereich der Bank ein AED hängt, aber leider nicht zum Einsatz kommt, sind dadurch Vergangenheit.
Auch die Fachleute der Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg (SQR-BW) waren dabei. Sie berichteten zu aktuellen Themen und erinnerten noch einmal daran, wie wichtig die pünktliche Datenlieferung für ihre Arbeit ist.
Bernd Moser erklärte, wie die modulare Ausbildung vom Notrufsachbearbeiter (Calltaker) zum Leitstellendisponenten funktioniert. Über das Konzept der gestuften modularen Ausbildung wurde rege diskutiert. Das Fazit: Zusätzlich zur Anlage-3-Ausbildung muss auch noch das Berufsbild des Leitstellendisponenten vorangetrieben werden. Parallel braucht es einen Lehrgang ausschließlich für Notrufsachbearbeiter (Calltaker).